Joseph Gnädinger in Togo

Augustin Namounou, einer der Freunde von Joseph Gnädinger und Zeuge seines Lebens und Wirkens in Bombouaka schreibt:

"Monsieur Joseph Gnädinger, „Batul“ genannt, kam 1965 als Laienmissionar aus der Schweiz nach Togo. Hier widmete er sich ganz der Entwicklungsarbeit im Landkreis Bombouaka mit den benachbarten Orten Bogou, Nano, Goundoga, Bolougou, Nadoga und Sisiek… Er wohnte im Dorf Bombouaka, das ihm sehr ans Herz gewachsen ist. Er verliess es erst 1982, mit Tränen in den Augen; sein Abschied löste im Dorf Trauer und Verzweiflung aus.

In Bombouaka übte er mehrere Tätigkeiten aus: 
Den Absolvent:innen des Katecheten-Ausbildungszentrums der Diözese brachte er vielerlei Handwerk bei: Das Schmieden, die Tischlerei und Schreinerei, die Gärtnerei, die Malerei und Bildhauerei usw. 
Er führte als einer der Ersten in der Savannenprovinz die Reiskultur ein und lehrte die Bevölkerung, bei der Feldarbeit Tiergespanne und später auch Traktoren einzusetzen. Damit leistete er einen grossen Beitrag zur Verbesserung der Selbstversorgung. 
Monsieur Joseph hatte ein Herz für die Armen und Benachteiligten, ich erinnere mich daran, dass er oft den Blinden, Leprakranken oder Behinderten half, so nahm er sich etwa eines Blinden an, welcher vom eigenen Cousin aus dem Haus gejagt wurde, als dieser mit seiner weissen Frau und ihren zwei Kindern aus Europa zurückgekehrt war! Monsieur Joseph war der Krankenpfleger des Dorfes und verkörperte zugleich die lokale Krankenkasse, denn er bezahlte oft die Arzneirechnungen der Leute. Mittellosen half er mit Kleider-, Lebensmittel- oder Geldgeschenken, der Schulkantine besorgte er Maniokmehl und Zucker und bezahlte Schulgelder für Kinder aus armen Familien.

Monsieur Joseph war sehr sensibel für menschliche Not, und eines der Hauptprobleme für die Bevölkerung von Bombouaka ist jenes der Wasserversorgung. Er setzte sich mit Hilfe seiner Freunde und der Familie in der Schweiz dafür ein,  dass im Dorf eine Anzahl Brunnen und Staubecken ausgehoben sowie eine Wasserbohrung mit windkraftbetriebener Pumpe eingerichtet wurden. Das Wasserproblem wurde durch diese Bemühungen entschärft, doch bleibt es auch heute noch akut.

Mit besonderer Zuneigung begegnete Monsieur Joseph der Dorfjugend, er war  sich stets um ihre Zukunft besorgt und engagierte sich für ihre Ausbildung und Erziehung. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des ersten Fussballklubs in Boumbouaka mit dem Namen „48/37“ und half bei der Bildung einer Volleyball- und einer Tennismannschaft. Immer wieder überraschte er die Jugendlichen, mit einer Einladung zum Essen, mit Filmvorführungen oder Überraschungsparties. Vor allem aber half er vielen beim Bezahlen ihrer Schulgelder.
Im  Heiligen Jahr 2000 kehrte Monsieur Jo, Freund der Armen und unser aller Bruder, ins Haus des himmlischen Vaters zurück. Doch auch wenn für ihn die Pforten des Paradieses aufgingen und ihn eintreten liessen, vergass er darob seine Freunde nicht, sondern inspirierte seine Verwandten, allen voran seine Nichten und Neffen, eine Stiftung zu gründen, welche heute seinen Namen trägt. Diese Stiftung führt sein Werk weiter, und sie vollbringt Wunder in der kargen Region der Savannen, wo die seit 15 Jahren dauernde politische, wirtschaftliche und soziale Krise die Armut leider bedrohlich verschärft hat.

Durch diese Stiftung hat Monsieur Jo’s Präsenz in unserer Region eine Fortsetzung gefunden. Die Kraft seiner Ideen, welche auf den Idealen der Barmherzigkeit, Brüderlichkeit und Gerechtigkeit gründen, bleibt erhalten und wirkt weiter.
1.    Barmherzigkeit für alle Mitmenschen, die in Not sind und der Hilfe bedürfen, in welcher Form auch  immer - materiell, emotionell oder spirituell;
2.    Brüderlichkeit mit allen Menschen dieser Erde - er sagte oft: “Es sind die Menschen, die Grenzen erfunden haben, nicht Gott; er schuf die Erde ohne Grenzen, also sind wir alle Geschwister.“ Sicherlich hat es ihm diese Überzeugung ermöglicht, sein Heim in der Schweiz zu verlassen und nach Togo – „die Schweiz Afrikas“ – zu gehen.
3.    Gerechtigkeit war für ihn in erster Linie in den Menschenrechten verkörpert. Wenn er sagte, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich seien und dass die Güter der Erde allen gehörten, dann leitete er dies eher aus dem Evangelium als aus dem Politischen Programm der sozialistischen Partei ab."

Übersetzt von Barbara und Vladimir Bajc-Gnädinger im Juli 2007